WHO THE FUCK IS MALINA?

play and scenic approach to Ingeborg Bachmann

“Da es klingelt, girrt, surrt, greife ich nach dem Telefon, ich will schon >Hallo< sagen, denn es könnte Ivan sein, aber dann lege ich den Hörer leise nieder, weil mir für heute kein letzter Anruf erlaubt war. Es läutet noch einmal, hört aber gleich auf, es war ein vorsichtiges Läuten, es war vielleicht Ivan, es kann nur Ivan sein, und ich will nicht gestorben sein, noch nicht, wenn es wirklich Ivan war, er soll zufrieden mit mir sein und denken, ich schlafe längst.”

In der künstlerischen Diplomarbeit (Studiengang Darstellende Kunst) „Who the fuck is Malina“ werden Motive aus dem Roman „Malina“ von Ingeborg Bachmann in eine episch-dramatische Form gebracht. Dabei wird der Versuch der „künstlerischen Anamnese“ der österreichischen Schriftstellerin und Lyrikerin unternommen. Ausgangspunkt für diese Suche werden ihr Roman, wie auch ihre umfangreiche Briefkorrespondenz mit ihren zwei Lebenspartnern und „Jahrhundertlieben“ Paul Celan und Max Frisch, sowie mit dem Musiker Hans Werner Henze sein. Auch den autobiografischen Parallelen werden nachgegangen.

Inhaltlich wird der im Roman „Malina“ beschriebenen – in die Selbstzerstörung treibenden – Versuch einer weiblichen Selbstermächtigung nach dem 2. Weltkrieg thematisiert. 

Was verliert/gewinnt „Frau“, wenn sie sich „malinesk“ macht? Ist eine „totale Liebe“ überhaupt lebbar, angesichts der im Roman „Malina“ beschriebenen Spannung zwischen euphorischem Moment und auswegloser Dauer? Gibt es eine helle und eine dunkle Seite in jedem Menschen? Wie funktionieren diese zwei Seiten mit- und auch gegeneinander (Apollinisches und Dionysisches Prinzip)?

„Who the fuck is Malina?“ ist ein monologischer Theaterabend. Die „Männerfiguren“ sowie die Figur Malina sind Teil der Schauspielerin, so dass manchmal nicht ganz klar ist, ob es sich um Selbstgespräche oder Dialoge handelt. Ob beide Anteile in der Schauspielerin vorhanden sind, bleibt offen.

RAUMKONZEPT – AGORAPHOBIE

Ein klaustrophobisch-gemütlicher Raum. Ein Arbeitszimmer der frühen Siebziger-Jahre, um genau zu sein. Alte Holzmöbel, bequeme Sessel, eine Schreibmaschine und ca. tausend Notizen, Briefe und Bücher um einen herum – sowie ein Arbeitszimmer nun einmal aussieht, wenn man darin wohnt. Darin alles was ein beschäftigtes Gehirn so braucht: Kaffeereste in einer fast leeren Tasse, sterbende Pflanzen für den Sauerstoffgehalt, alte Briefe von denen man sich nicht lösen möchte, und noch sentimentalere kleine Gegenstände wie Streichhölzer und Whiskeytumbler. 

RAUMKONZEPT – VERGESSEN WOLLEN

Verbrannte und geschwärzte Briefe, anspielend auf die Geheimhaltung ihres Privatlebens (welches nach ihrem Tod aller Öffentlichkeit zugänglich war) könnten den Zuschauer bedrücken und gleichzeitig die Neugier wecken, die die Herausgeber dazu getrieben hat, ganze Briefwechsel in Bücher zu verwandeln. Fotos mit übermalten, ausgebrannten und zerkratzten Gesichtern unterstreichen hier die Separation eines selbst mit dem Festhalten an vergangene Menschen – sei das nun man selbst, eine andere Person, oder eine andere Person die man selbst ist.

RAUMKONZEPT – NICHT ERLEBEN WOLLEN

Ein Raum mit vereinzelten Telefonen auf dem Boden – manchmal gleichzeitig und trotzdem immer wieder unabhängig – oder auch abhängig – voneinander klingelnd. Abheben ist keine Möglichkeit. Hebt man ab, klingelt es weiter. Oder es fängt gar an zu sprechen.

stage design and technician

2023

University of Music and Performing Arts Graz, Aporon 21

CAST AND CREW

idea/concept/acting Charlotte Kaiser

stage design Anna Ziener

artistic supervision Werner Strenger

scientistic supervision Gabriele C. Pfeiffer

location manager Igor Petkovic

stage assistant Lea Pusch

synthesizer Joseph Böhm

voice recordings Oliver Köll

pictures Katharina Zotter